Schon seit 2008 habe ich eine Datei namens „Südwesten_USA.doc“ (mit der Route, den besten und schönsten Fotopunkten, Hotels und sogar den Flugpreisen) auf meiner Festplatte gelagert. So lange musste ich warten, bis ich endlich das Geld gespart und den passenden Gefährten gefunden hatte. Von 6. bis 25. Oktober 2016 waren wir unterwegs, meist bei wolkenlosem Himmel. (Nord)westlichster Punkt: Mono Lake, Östlichster Punkt: Arches National Park / Coal Mine Canyon.
Also recht überschaubar mit durchschnittlich nur 2 Stunden Fahrzeit, wir sind ja nicht auf der Flucht.
Ich zeige hier zum Teil übrigens auch dokumentarische Fotos ohne der hohen Ansprüche professioneller Landschaftsfotografie, die Erwartungen also bitte etwas runterschrauben. Von den mal mehr mal weniger lustigen Handyfotos, die sich hinter den unterstrichenen Links verstecken, ganz zu schweigen. Aber beginnen wir mal ganz am Anfang:
Ankunft:
Geflogen bin ich von Wien über London nach Las Vegas. Das ist etwas teurer als ein Flug mit 2 Zwischenstopps, die letzten Jahre und Erfahrungen mit Langstreckenflügen haben mich allerdings etwas gelehrt: Lieber einen Hunderter mehr in den Flug investieren und dafür 6 Stunden früher ankommen. Dauert sowieso schon viel zu lange, so ein Flug über den Nordatlantik, und solange es keine Pizzaöfen an Board der Flugzeuge dieser Welt gibt, hat man dieses „notwendige Übel des modernen Reisenden“ leider immer wieder über sich ergehen zu lassen.
Persönliche Anmerkung: Falls es tatsächlich jemals Pizzaöfen an Board von Flugzeugen geben sollte, fliege ich mit diesen gerne drei Mal um die Welt ohne auch nur einmal das Flugzeug zu verlassen.
Zwei Nächte muss ich leider alleine in Las Vegas auf meinen Fotokompagnon Timo warten, was könnte ich also sinnvolleres tun, als sämtliches Fotoequipment zu verspielen. Not.
Apropos Equipment: Für die Technikinteressierten habe ich hier kurz zusammengestellt, was ich im Fotorucksack hatte:
- Sony A7r
- Sony A7s
- Sony Zeiss 16-35mm F4
- Zeiss Batis 18mm F2.8
- Canon 135mm F2.0 samt 2x Teleconverter
- Sony 28mm F2
- Polfilter
- Grauverlauffilter von Lee, HiTech und RayMasters
- Rollei C6i Stativ
However, statt das Zeug also in Sin City zu verspielen hier ein besserer Plan: Ins Valley Of Fire fahren, die Lage checken. Ich wundere mich angesichts der wunderschönen Gegend nicht über die vielen Menschen und Fotografen vor Ort (Anmerkung d. Autors: Handyfotos verlinke ich wie gesagt nur um den „schönen Fotos“ nicht die Show zu stehlen, also einfach auf die unterstrichenen Wörter klicken. Bussi), einige sind sogar sehr gesprächig – so ist bis zum Sonnenuntergang für Unterhaltung gesorgt. Aus „Lage checken“ wird übrigens dieses für mich erste Bild der Reise: Die Fire Wave:
Hier noch ein Bild aus dem „Hintergarten“ der Fire Wave. Zur besseren Orientierung: Ziemlich genau unter dem „Sonnenpunkt“ ist die Wave, auf Höhe des Felsens.
Tag 1:
Leider kann ich in der folgenden Nacht, besser gesagt am Morgen der folgenden Nacht, nicht schlafen. So liege ich gegen 4 Uhr Morgens wach im Bett des Best Western Hotels, wünsche dem Erfinder des Jetlags großflächigen Herpes und düse spontan mit dem Mietwagen in Richtung Las Vegas Strip. Geparkt wird am Parkplatz des Tropicana Hotels, von dort schlendere ich dann eigentlich nur kurz durchs MGN über das New York, New York Hotel zum Eingang des Excalibur und wieder zurück. „Nur kurz“ bedeutet, dass ich etwa 2 Stunden unterwegs bin.
Eines muss man Las Vegas ja lassen: Es ist gar nicht so geil. Ich find’s hauptsächlich zu laut und hektisch, die Amerikaner (und alle anderen Touristen) sind im betrunkenen Zustand leider auch nicht leiser als nüchtern. Aber vor allen in diesen frühen Morgenstunden kann man sich vom wahren Gesicht der Stadt überzeugen: Frierende Obdachlose, die auf den Fußgängerbrücken schlafen und ein Porsche, den irgendjemand auf der Kreuzung zwischen den Hotels „vergessen“ hat.
Das Ding steht tatsächlich für etwa 45 Minuten einfach nur so im Weg rum, wohin der Fahrer geflüchtet ist habe ich leider nicht mitbekommen. Am Weg zurück zum Parkplatz wird das Spektakel dann nochmals kurz mittels Langzeitbelichtung von der Fußgängerbrücke aus festgehalten:
Ich kann zum Glück noch etwas Schlaf nachholen, checke aus und merke: Ich muss mir bis zur Ankunft von Timo’s Flugzeug irgendwie die Zeit vertreiben. Während ich also im nächsten Fast-Food-Restaurant die Gegend mithilfe von Google Maps absuche, springt es mir sofort ins Auge: Las Vegas Pinball Museum (ja, auch das ist ein Link). Perfekt – ich mag Flipper, da stehen Unmengen davon rum und die Sache ist auch noch gratis (das Museum, nicht das Flippern). Gute zwei Stunden und einige Quarter-Cent Münzen ärmer fahre ich zum Flughafen. Dort wird schnell den Mietwagen zurückgegeben, dann heißt es Warten. Auf meinen langjährigen Fotogefährten Timo, mit dem ich seit 2011 regelmäßig Fototrips mache. Wir waren bisher in Bayern, Nordspanien, Mittelitalien, Island und Korsika unterwegs bis wir uns unseren Traum vom „Südwesten USA“ nun endlich erfüllen können. Was für ein romantisches Wiedersehen.
Nach einer unnötig langen und verkomplizierten Anmeldung bei Hertz (man darf via Video-Terminal mit einem Mitarbeiter am anderen Ende der Welt plaudern) steigen wir in unseren Jeep Cherokee und fahren standesgemäß erstmal zu Taco Bell. Gleich darauf werden noch ein paar Energydrinks besorgt (man muss ja auf seinen Vitaminhaushalt achten) und los geht’s zum ersten Nationalpark – dem Death Valley. Den Koffer haben wir am halben Weg ins (sehr schmuddelige) Hotelzimmer geworfen, von dort fahren wir weiter zum Zabriskie Point, wo es wegen eines zu hellen Mondes zwar keine Milchstraße, dafür aber surreal wirkende Erdhügel zu fotografieren gibt:
Freundlicherweise hat sich auch eine seltener „Halo-Ring“ um den Mond gebildet, sehr nett – habe ich noch nie gesehen und sieht etwas aus, wie ein Objektivfehler. War aber auch mit dem bloßen Auge so zu sehen, fand ich schon recht beeindruckend.
Tag 2:
Erneut muss ich mich beim Jetlag bedanken: Wir wachen ohne Wecker um 4 Uhr auf. Voller Elan werden kurzerhand die Sachen gepackt und wir verabschieden uns tränenerfüllt von unserem Hotel (Armagosa Opera House & Hotel), das langsam im Rückspiegel verschwindet. Es ist mit Sicherheit das schönste Hotel der Stadt. Und die Stadt ist die schönste Stadt der Gegend. Und die einzige. Zwei der drei letzten Sätze sind nicht ernst gemeint.
Schon wieder wird es nichts mit der Milchstraße, aber das Badwater Basin ist schon eine Klasse für sich. Nachdem wir etwa 20 bis 30 Minuten mutterseelenallein durchs sprichwörtliche „Nichts“ wandern, finden wir endlich die gesuchten „Salzkrustengebildedinger“ und fotografieren absoluter Stille ein paar der Details.
Wir sind zufrieden und beschließen, noch einen Abstecher zum/zur Artist’s Palette zu machen – einigen bunten Erdhügeln, die wir gleichzeitig mit den ersten Sonnenstrahlen erreichen.
Einige Stunde später, um ein feines Mittagessen (Gemüseomlette-Burrito, genial!) gesättigter und um eine Kühlbox reicher werden wir im dezent runtergekommenen Hotel im herbstlichen Mammoth Lakes davor gewarnt, dass Bären unser Auto aufbrechen und sämtliches Equipment, das Navi, alle Ladekabel, bevorzugt Süß oder Salzwaren und sowieso alles und jeden fressen werden, wenn wir es über Nacht im Auto lassen. Toll, wir als Stadtkinder haben sowieso schon Angst vor Bären, und dann so eine Story.
So fahren wir bis zum Abend etwas durch die Gegend und sind begeistert davon, noch vor wenigen Stunden in der Salzwüste des Death Valley fotografiert zu haben und jetzt in der herbstlichsten Szenerie, die ich jemals gesehen habe, Angst vor Bären zu haben. Hier also ein bisschen Beifang aus der Gegend nördlich von Mammoth Lakes:
Am späteren Nachmittag fahren wir zu einem unserer hoffnungsvollsten Spots, dem Mono Lake. Anfangs sind wir überfordert, kein Bildaufbau passt, es sind viel zu viele Fotografen vor Ort, alle laufen wie aufgescheuchte Hühner herum und wissen nicht so recht, was Sie mit den Tufa-Felsen, die den See so berühmt machen, anfangen sollen. Ich versuche, die Gegend etwas auf dem Kamerasensor einzufangen, da man auf den meisten Fotos nur den See und die Felsen darin erkennt – dass der Großteil davon eigentlich an Land steht, wusste ich bis dato selbst nicht.
Am Ende des Tages erleben wir den spektakulärsten Sonnenuntergang der kommenden Wochen. Auch die etwa 50 anderen Fotografen, die sich zwischen den Steintürmen tummeln, bekommen das Grinsen nicht aus ihrem Gesicht – so sollte jeder Tag zu Ende gehen.
Tag 3:
Hervorragend – wieder viel zu kurz geschlafen und weit vor Sonnenaufgang auf den Beinen. Eigentlich auch gut so – wir fahren zum Convict Lake, einem hübschen und leicht erreichbaren See in der Sierra Nevada, und plaudern mit ein paar Fotografen. Dazu möchte ich kurz erwähnen, dass ausmahmslos alle Fotografen*innen, die uns stolz ihre Homepageadresse verraten oder Visitenkarten auf’s Aug gedrückt haben, unserer Meinung nach deutlich besser im Smalltalk als beim Fotografieren sind…
Um ein nettes Foto vom See und vom Mond beleuchtete Berge reicher sind wir pünktlich zum Frühstück (besser „Frühstück“) zurück im Days Inn in Mammoth Lakes. „Kost’s nix, schad’s nix“ hat mal irgendein weiser Österreicher gesagt, somit begnügen wir uns mit ein paar Toastscheiben und Müsli aus Styropor-Schüsseln.
Zur Entschädigung holen wir uns danach noch fancy Kaffee im „Lonely Bean Cafe“.
Weil ich mich nicht entscheiden kann, hier der Convict Lake vor- und beim Sonnenaufgang:
Im Laufe des Tages fahren wir in der Gegend rum und finden einen interessanten Fotospot für morgen Früh, den wir auch sofort „Bernhards interessanter Fotospot für morgen Früh“ taufen. Relativ spontan entscheiden wir uns, nach Bodie zu fahren – einer alten Geisterstadt, in der früher Gold abgebaut wurde. Aufgrund der geringen Luftfeuchtigkeit blieben viele der Gebäude gut erhalten, Timo und ich sind nur mittelmäßig begeistert, zu teuer ist der Eintritt und zu wenig gibt’s zu fotografieren. Blöd gesagt: Nett für den normalen Tagestouristen, aus landschaftsfotografischer Sicht (auch wegen der Öffnungszeiten) nicht viel zu holen.
Nördlich des Mono Lakes gibt es übrigens eine Thermalquelle, die wir als unseren „Plan B“ für den Sonnenuntergang auch kurz besuchen. Nach kurzem Plausch mit den darin badenden Amis entscheiden wir uns aber dagegen. Spät Abends kommen wir beim Horseshoe Lake an, dem höchstgelegenen der vielen Seen rund um Mammoth Lakes.
Fun Fact: Vor einiger Zeit gab es hier nach einigen vulkanischen Aktivitäten so viel Kohlendioxid in der Luft, dass alle Bäume rund um den See kahl und ausgestorben sind. Wir lesen das auf einem nur durch das Mondlicht beleuchtetem Schild (Beweisfoto inklusive Totenkopfsymbol!) und haben im selben Moment sofort Angst, zu ersticken. So sind wir also Nachts alleine in einem toten Wald unterwegs und vermuten hinter jedem Geräusch einen Bären – während wir den Drang verspüren, stundenlang die Luft anzuhalten. Absolut surreale Landschaft die durch den Vollmond noch seltsamer wirkt.
Am Rückweg zum Hotel will ich mich noch an einem Foto der Twin Lakes versuchen. Ich muss zugeben, ein bisschen ein Faible für Fotos von Aussichtspunkten oder höher gelegenen Orten zu haben. Durch den hellen Mond wirkt die Landschaft um die Seen sehr mystisch, wie ich finde.
Tag 4:
Tagwache an diesem Morgen: 5:15 Uhr, wieder ohne Wecker. Wie gestern Abend also beschlossen fahren wir weit vor Sonnenaufgang zum frisch getauften Spot „Bernhards interessanter Fotospot für morgen (heute) Früh“ am wunderbar herbstlichen Lake Mary.
Nach getaner Arbeit geht’s zufrieden aber etwas müde zurück ins Hotel um das etwas geschmacklose Frühstück aus Plastikschüsseln zu vertilgen. Wir beobachten einen gierigen Asiaten, der dreist alle Donuts aus der Vitrine nimmt und als Proviant einpackt. Danke dafür.
Auf dem Hotelparkplatz hat in der Nacht übrigens tatsächlich ein Bär in ein Auto eingebrochen. Wobei „eingebrochen“ das falsche Wort ist: Anscheinend wurde vergessen, den Kofferraum abzusperren und Bären können wie ich erfahren und gesehen habe aus eigener Kraft Türen öffnen. Nichtmal Kratzspuren der Krallen waren zu sehen. So liegen ein total zerstörter Picknickkorb neben einigen Konservendosen und Weinflaschen auf dem Boden verstreut und die verdutzte Besitzerin des Autos tut uns Leid.
Wir checken aus dem Hotel aus und fahren zum Bishop Creek, einem Canyon, der nur so leuchtet vor knallbuntem Herbstlaub.
Herbstfarbenfotos können wir somit abhaken und es wird beschlossen, die für heute Abend anstehenden Alabama Hills schon am Nachmittag anzufahren um uns den üblichen „Wir sind zu spät und die Sonne geht bald unter – Stress“ zu ersparen. Am Weg dahin bleiben wir wie so oft bei Taco Bell stehen und checken im sehr feinen Hotel (Historic Dow Hotel) mitten in Lone Pine ein.
Ein paar Stunden vor Sonnenuntergang sind wir wie geplant an den Alabama Hills, einem verhältnismäßig (und zu unrecht) noch relativ unbekanntem Gebiet in der westlichen Sierra Nevada. Hier gibt es einige „Arches“, natürlich größentechnisch nicht vergleichbar mit den großen Brüdern und Schwestern im „Arches Nationalpark“, den wir in etwa einer Woche besuchen werden. Aber trotzdem muss gesagt werden: Eine fantastische Gegend, in der man ein paar Tage durchgehend fotografieren (und so tun als würde nach etwas suchen) könnte. Funny Story: Das ausschlaggebende Bild, warum ich in die Alabama Hills wollte, ist übrigens vom „Lathe Arch“. Den habe ich mir immer riesig vorgstellt, mindestens drei oder vier Meter Spannweite. Tja – leider können Fotos täuschen, das Ding wird in unseren Köpfen von nun an als Disappointment Arch.
Hier einer meiner Lieblingsspots, der Eye of Alabama – Arch:
Wie so oft will ich mein Glück auch Nachts versuchen, der Vollmond ist aber viel zu hell für ordentliche Fotos der Sterne. Wir treffen zwei Fotografinnen, die mehrere Minuten lang den Mobius Arch belichten. Zwar wissen wir nicht, warum die Beiden das machen (mangels sichtbarer Sterne würde uns kein Grund dazu einfallen..?), die Damen sind aber ganz redsam und die folgenden entspannten Stunden zwischen vom grellen Mond beleuchteten Felsen und Nahtoderfahrungen auf Grund von unbedachten Kletterversuchen bei Vollmond werden mir noch einige Jahre in Gedanken erhalten bleiben. Ich beschließe, den Steinbogen in einem Selbstportrait zu verewigen und wir lassen’s für heute gut sein, da ich mir an dem Ding die Zähne ausbeiße. Zurück in Lone Pine belohnen wir uns mit der besten Pizza des Tripps, der Tag war also (wie jeder Tag mit Pizza) ein voller Erfolg.
Tag 5:
Schon wieder sitzen wir weit vor Sonnenaufgang in unserem Jeep und steuern den selben Spot wie gestern Abend an. Diesmal, so ist der Plan, hätten wir gerne die Berge im Hintergrund von der Sonne beleuchtet, während wir den Steinbogen als Rahmen verwenden. Der Plan wird uns fast von drei deutschen Fotografen*innen vereitelt, einer davon stürzt aus Strafe fast den Felsen runter, auf dem wir auf die ersten Sonnenstrahlen warten. Eine Andere lässt nach dem Fotografieren ihre Sony A7rII auf den Boden knallen und läuft merklich angeschlagen (haha) in Richtung Parkplatz. Merke: Man legt sich nicht mit uns an! 🙂
Aus dem theoretischen Vorhaben werden dann schlussendlich diese Bilder, mit denen ich zwar nicht ganz zufrieden bin – zum Verrotten auf der Festplatte sind sie aber zu schade:
Halbwegs zufrieden fahren wir zurück zum Hotel und frühstücken vor dem Check-Out noch was im selben Lokal, in dem wir auch schon am Weg nach Mammoth Lakes gestoppt haben. Mengenmäßig ist das Frühstück schlussendlich eher Frühstück, Mittagessen, Abendessen und nochmals Frühstück und ich bin froh, meinen Prachtkörper noch irgendwie zwischen Lenkrad und Fahrersitz zu bekommen.
Wir packen unsere 7 Sachen und brechen in Richtung Las Vegas auf. Die viereinhalb Stunden lange Fahrt ist eine der längsten des Trips, ich muss nach kurzer Zeit auf den Beifahrerplatz wechseln da mein Auge im Death Valley furchtbar zu tränen beginnt und ich das Schluckauf meines Lebens bekomme. Die hunderten Kurven und Hügel davor samt parallelem Spielen am iPad geben uns den Rest und wir machen Pause bei den Mesquite Flats Sand Dunes, denen wir viel zu wenig Aufmerksamkeit schenken. Hätte schon was, die Dünen am frühen Morgen – aber so bleibt es bei einem kleinen Zwischenstopp und dem einen oder anderen Beweisfoto:
Kulturflash in Vegas: Nach Tagen in der Wüste und an ruhigen, bärenlosen Seen und Wäldern sind wir etwas erschlagen von der lauten Großstadt. Begeistert von dem wie wahnsinnig beschleunigendem Aufzug beziehen wir unser Zimmer im 53. Stock und sind auch gleich wieder verschwunden. Wir wollen es zum Sonnenuntergang noch ins Valley of Fire schaffen – einen der meiner Meinung nach schönsten Orte der (von mir bereisten) USA.
Timo will sein Glück an der Fire Wave versuchen, die ich ja schon ganz an Anfang des Urlaubs (erfolgreich) besucht habe. Ich wandere stattdessen etwas ziellos in der Gegend rum und finde mehr oder weniger durch Zufall den Crazy Hill, der zwar in der echten Welt grandios aussieht, dessen ganze Pracht auf Fotos aber so gut wie gar nicht zur Geltung kommt. Das ist meiner Meinung nach übrigens sehr oft so, im Valley of Fire. Die roten Felsen und die Weite der Landschaft – genauso die Details und Strukturen der Steine machen es einem nicht leicht, einen ansprechenden Bildaufbau zu finden. Da ich es trotzdem als eine meiner Lieblingserinnerungen gespeichert habe, hier das fotografische Mitbringsel aus den netten Stunden, in denen ich in Gedanken verloren um den Crazy Hill rumgewandert bin und verzweifelt versucht habe, das Ding meinen Emotionen entsprechend ins richtige Licht zu rücken.
Es ist schon fast dunkel als ich langsam in Panik verfalle und den Weg zur Fire Wave, an dem ich Timo einige Stunde zuvor zum letzten Mal gesehen habe, entlang gehe. Unser Auto ist das allerletzte am Parkplatz und ich stelle mir vor, wie ich Timo wie in „127 Stunden“ (mit James Franco) in irgendeiner Felsspalte finde. Mit seiner Canon Ausrüstung würde ich nicht viel anstellen können außer das Zeug zu verkaufen, ein Wiedersehen mit dem unverletzten Timo würde mich aber mehr freuen. So ward es dann auch geschehen – Timo ist etwas enttäuscht von seiner Ausbeute an der Fire Wave und kommt mir fix und fertig am sandigen Weg in Richtung Parkplatz entgegen.
Zurück im Hotel übermannt uns eine fette Ladung Motivation und wir springen verschwitzt und voller Wüstensand in den Shuttlebus zum Strip. Am Caesars Palace steigen wir aus und finden 30 Minuten später auch den Vorderausgang des gigantischen Komplexes. Draußen ist es noch lauter, wir erkämpfen uns eine Stelle beim Brunnen des Bellagio, bauen unsere Stative auf und warten auf die Show, die alle 15 Minuten stattfindet. Mangels Motivation und wegen übermäßiger Müdigkeit sind wir gleich wieder fertig und wandern weiter ins Venetian. Schon sehr beeindruckend, was hier vollbracht wurde: Venedig wurde ver-amerikanisiert, samt Himmel, Shops und Gondoliere.
Wir sind streichfähig und lassen uns von einem freundlichen Taxifahrer zurück ins Hotel bringen. Gute Nacht.
Tag 6:
Unser grandioser Plan, endlich einmal in Boxershorts zu fotografieren, wird vom langweiligen Sonnenaufgang vereitelt. So stehen wir also halbnackt und mit faden Gesichtern gegen 7:00 Uhr am Fenster des Hotelturms und gehen kurz darauf wieder schlafen, weil das Licht und der Ausblick weniger spannend sind, als erhofft. Timo holt zum Pre-Frühstück zwei Croissants um günstige 6$ aus der Hotellobby die zugegeben sehr gut schmecken, ich persönlich frühstücke aber lieber bei Taco Bell.
Heute wird es der wärmste Tag der Tour werden: 34° Celsius (nicht Fahrenheit – oder wie wir zu sagen pflegen: Fahrrad).
Auf einer Homepage sehen wir beim Recherchieren ein Bild einer recht interessant aussehenden Höhle, die wir gerne selbst sehen würden. So suchen wir uns 45 Minuten die Füße wund wie Indiana Jones auf der Suche nach dem heiligen Aal und sind überrascht, dass die Höhle eher ein „Höhlchen“ ist, in die wir mit viel Mühe gerademal das Stativ samt Kamera reinquetschen können.
Egal – die Abenteurer in uns hatten Mordsspaß und irgendwie muss die Zeit bis zum „schönen Licht“ überbrückt werden. Wir strawanzen etwas durch den Park und machen das eine oder andere nette Bild, ich versuche mich sogar an meinem ersten Panorama der Tour (hier würde es sich tatsächlich auszahlen, das Bild per Klick zu vergrößern).
Wir haben mittlerweile Sand für drei Burgen in den Schuhen gesammelt und es wird Zeit, ein Plätzchen für den Sonnenuntergang zu finden. Eigentlich wollten wir an diesem Abend zur Fire Wave, für die ich vor dem Abflug extra eine Ausnahmegenehmigung der Parkranger besorgt haben – man darf hier normal nur bis zum Sonnenuntergang im Park rumlaufen. Obacht: Die Ranger kontrollieren das tatsächlich, wir müssen unser „Permit“ zumindest einem vorbeifahrenden Ranger zeigen. Nachdem wir beide ja schon „unsere“ Fotos der Fire Wave auf der Speicherkarte haben fahren wir wie aufgescheuchte Hühner im Park rum um einen guten Spot zu finden. Kurze Rede, langer Sinn: Wir haben’s versaut. Wir trödeln rum und können uns nicht einigen, wo genau wir zu Sonnenuntergang sein wollen. Dieser ist wirklich episch, leider gibt’s kein Beweisfoto. Wir ärgern uns, bauen kurzerhand die Stative neben der Straße auf und fotografieren einen dummen Kaktus, obwohl der Sonnenuntergang seinen Höhepunkt längst überschritten hat – nur um zumindest das Gefühl vorzutäuschen, nicht vollständig versagt zu haben.
Auf der Rückbank unseres Autos stapeln sich mittlerweile die Monsterdosen und Gatoradeflaschen und von der „no graveled roads“ Policy halten wir wilden Hunde auch wenig, das Auto kann man schlussfolgernd bei der Rückgabe direkt zum Schrotthändler bringen.
Wir fahren am selben Abend noch weiter in den Nordwesten und übernachten in einem der vielen „Pensionistenkasinos“ (Virgin River Casino) in Mesquite, das am etwa halben Weg zum Zion Nationalpark liegt. Bei einem der einarmigen Banditen gewinne ich 20 Dollar. Sofort übermannt mich eine Welle des Glücks und keine zwei Minuten später habe ich die 20 Dollar und einen Zehner Trinkgeld für den Automaten wieder verspielt. Dafür ist das Essen sehr günstig und auch äußerst fett frittiert – an einen Welnessurlaub hat bei der Buchung aber eh niemand gedacht, man gönnt sich ja sonst nur Gemüse und Wasser. Und Monster und Gatorade und Pizza und Taco Bell.
Tag 7:
Wir checken aus dem Kasino/Hotel aus, in dem es trotz spätem Vormittag genauso aussieht wie gestern Nacht. Ich bilde mir sogar ein, dieselben Leute wie vor 9 Stunden wieder zu erkennen. Faszinierend, wie die Kasino-Architekten es schaffen, jegliches Zeitgefühl zu vernichten – ein Traum für alle Spielsüchtigen und Heliophoben. Vor der Abfahrt wird das Auto schnell vom gröbsten Müll bereinigt und – wie so gut wie jeden Tag – unsere Kühlbox mit Eis aufgefüllt.
Während wir einmal durch den gesamten Zion Canyon fahren sind wir froh, dass es hier eigentlich nicht viel Spots zum „abarbeiten“ für uns gibt. Unfassbare Menschenmassen treiben sich hier tagsüber rum, vor allem am Wochenende. Zum Sonnenuntergang wollen wir am Virgin River sein, einem (zurecht) recht überlaufenem Fotopunkt. Wir fahren davor aber noch zum Einchecken und ein paar Runden Flipper-spielen zum Hotel, das etwa 40 Fahrminuten vom Westeingang des Parks liegt. Timo und ich sind uns einig: Noch nie haben wir so viel totes Wild am Straßenrand gesehen – ohne Übertreibung liegen jeden gefühlten Kilometer zwei bis fünf tote Rehe an jeder Seite der Straße. Es würde mich nicht wundern, wenn sich in einigen Jahren die ersten Hyänen in der Gegend sesshaft machen. Einige Ranger im Park sprechen nur noch von „langbeinigen Ratten“, so viel Rehe gibt es dort.
Am späten Nachmittag geht es zum Zion Canyon Overlook Point, von dem aus man über einen großen Teil des Parks sieht. Die Wanderung dauert etwa 40 Minuten, ist es aber meiner Meinung nach allemal Wert. Die Aussicht wird nur kurz genossen, denn wir wussten: Die Brücke über den Virgin River wird bald voll sein. Voll mit Fotografen, die den Fluss mitsamt des im Hintergrund thronenden „Watchman“ ablichten wollen. Wir kommen also eineinhalb Stunden vor Sonnenuntergang an und finden überraschend schnell einen Parkplatz. „Überraschend“, weil der Park normalerweise dermaßen voller Menschen ist, dass man beim Parkeingang parkt und von dort mit Shuttlebussen rumfährt. Glück gehabt.
An besagter Brücke steht schon der/die eine oder andere Fotograf/in – wir reihen uns brav auf und hoffen, mangels Platz oder Gehweg die kommenden Stunden nicht von einem der Shuttlebusse überfahren zu werden.
Der Sonnenuntergang ist herrlich, aber leider wolkenlos. Die Berge und Felsen glühen von den letzten Sonnenstrahlen und im Vordergrund tobt sich der Herbst so richtig aus – ein Traum.
Wir sind etwas hin- und hergerissen und entscheiden uns gegen Fotos in der Nacht und für den Rückweg zum Hotel. Dieser zieht sich ins Unendliche, da die vorher erwähnten suizidalen Rehe und Hirsche sich am liebsten bei Dämmerung umbringen und den Verkehr vollkommen ignorierend über den Asphalt springen.
Irgendwie schaffen wir es zum Hotel ohne auch nur ein Tier angefahren zu haben und belohnen uns im Restaurant. Meinen Vorsatz, heute mal nicht allzu ungesund zu Essen, schmeiße ich beim Dessert über Bord – noch nie habe ich so viel Schokolade in einer Torte gesehen. Immerhin der Caesar Salad davor war „gesund“. Timo gönnt sich 8-prozentiges „Doppelbock“ Bier und steht mir beim gesundheitlichen Aspekt mit seinem Burger in nichts nach.
Tag 8:
Der Wecker klingelt um nullsechshundert und wir fahren, schon wieder, in Richtung Zion – diesmal, um frühmorgendlich zum Canyon Overlook hoch zu gehen. Schon wieder gibt es keine Wolken am Himmel, am Aussichtspunkt treffen wir nur ein Eichkätzchen, dass sich nicht fotografieren lassen möchte. Als kleine Überraschung am Rande (habe ich beim Planen des Trips ausnahmsweise gar nicht bedacht) geht der Mond genau über dem Canyon unter, die Stimmung vor Ort ist schon einmalig – von der Stille bis zur Lichtstimmung, so vergisst man die frühmorgendlichen Strapazen spätestens beim ersten Auslösen der Kamera.
… Ende Teil 1. Teil 2 ist hier zu finden!